"Transformation der Bundeswehr"
(aus der UNWORT-2009-Sammlung des Ansbacher Friedensbündnisses)
 
Unbemerkt von der Öffentlichkeit wird im Jahr 2010 die Bundeswehrführung der Bundesregierung den Vollzug der 2002 eingeleiteten "Transformation" der Bundeswehr melden. Die neue Bundeswehr wird dann zwar personell kleiner, jedoch schlagkräftiger und gezielt für den weltweiten Einsatz ausgestattet und vorbereitet sein. Und Deutschland wird dann einer neuen Militärstrategie folgen. Die Bundeswehr erhielt Angriffswaffen, die als notwendig für den "Selbstschutz" deklariert und in den Auslandseinsätzen getestet wurden. Dieses "Schließen von militärischen Fähigkeitslücken" ist politisch mit den jeweiligen Mehrheiten im Bundestag seit acht Jahren so gewollt. Der öffentlichkeitswirksame Streit um deutsche Soldaten in Afghanistan ist nur Teil des Problems.

Passend dazu hat das Bundesverfassungsgericht im Oktober 2009 den Spielraum des Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Bundespolizei erweitert. Dass die Neuausrichtung der Bundeswehr und Auslandseinsätze der Bundespolizei die konventionelle Verteidigung der deutschen Landesgrenzen schwächen, wird hingenommen. Den Verlust an Sicherheit an Deutschlands völkerrechtlichen Grenzen soll ein "multilateraler europäischer Politikansatz" sowie eine mit den USA "vernetzte Operationsführung" militärisch kompensieren. Die EU wird gefährlich, die Einführung von Feindstrafrecht und Wehrstrafgerichten auch innerhalb der EU wird vorbereitet. Welche Personen und Organisationen in Deutschland bzw. weltweit als "Terroristen" bzw. als "terroristisch" eingestuft und bekämpft oder als Verbündete bei militärischen Auslandseinsätzen von der EU-Terrorliste gestrichen werden (wie beispielsweise die iranischen Volksmudschaheddin), ist nicht nur eine Entscheidung der Gefahrenabwehr, sondern auch Kalkül der EU-Militärpolitik.

Ein "transformierte" Armee wird jedoch kein Mehr an Sicherheit produzieren und schon gar nicht den globalen Konkurrenzkampf um die Verfügbarkeit knapper werdender Ressourcen entscheiden, sondern sich neue Feinde schaffen und Haushaltslöcher aufreißen. Diese Erfahrung macht gerade Japan, wo 2007 erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder ein Verteidigungsministerium eingerichtet und der Pazifismus aus der Verfassung gestrichen wurde - im Interesse von Auslandseinsätzen der japanischen "Selbstverteidigungsstreitkräfte". Zeitgleich ist Japans unaufhaltsamer wirtschaftlicher Aufstieg in den freien Fall übergegangen. Heute ist der Schuldenberg Japans größer als in allen anderen großen Industrienationen.

Die Unsicherheit über die Definition von Sicherheit wächst daher wieder - nicht nur in Japan. Insofern bedarf es in Deutschland keiner Debatten über Afghanistan, sondern über die Ziele der neuen, "transformierten" Militärpolitik der Bundesregierung und der EU.